Ich beneide die Amerikaner immer wieder, was die griffigen Namen für Trends angeht. Das letzte Beispiel dafür: “Showrooming”. Gemeint ist das Phänomen, dass immer mehr Konsumenten sich in den Ladengeschäften einen Überblick über das Angebot machen, sich ein Gefühl für die Qualität der Ware machen oder zum Beispiel in Büchern blättern – dann aber mit ihrem Handy oder zuhause vom Rechner aus in den Onlineshops einkaufen. In Marketing und Marktforschung war vor einiger Zeit noch das Schlagwort “ROPO” en vogue. Research online – buy offline. Gemeint ist damit die Informationssuche in Foren, Communities, Testportalen oder Preisvergleichsseiten, die dann für die Kaufentscheidung verantwortlich bleibt, auch wenn dann tatsächlich im Ladengeschäft gekauft wird.
Das alte ROPO gilt vor allem dort, wo es auf den Service ankommt, zum Beispiel in der Unterhaltungselektronik. Ein wichtiges Argument der Offline-Shopper ist zum Beispiel der viel leichtere und bequemere Umtausch von fehlerhaften Produkten. Bei Produkten wie Büchern, Schmuck, Parfüm etc., bei denen der physische Eindruck oder das Durchblättern kaufentscheidend sein kann, gilt immer stärker das neue ROPO (oder ROPO2): Research offline – buy online. Man probiert zum Beispiel ein Parfüm in der Drogerie (in irgendeiner Drogerie!) an, kauft es dann aber am Abend dort, wo es laut Preisvergleichsportale am günstigsten zu kriegen ist.
Im Time-Magazine gibt es gerade einen lesenswerten Beitrag von Emma Straub, einer Autorin und Buchhändlerin, die sich durch neue Technologien wie die Amazon Prize Check App – nun sagen wir einmal – herausgefordert fühlt:
The general idea is that customers have started to use the bookstore as a place to handle, but not purchase, merchandise, like a Ferrari dealership, where you don’t actually expect to drive one home off the lot. According to a recent Codex Group survey, 39% of those who purchased a book on Amazon looked at said title in a bricks-and-mortar store first before heading online.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich in den letzten Monaten kaum noch Bücher in Buchhandlungen gekauft, sondern fast alles im Internet bestellt – über ZVAB, direkt bei den Verlagen und auch bei Amazon. Ich nehme mir auch immer wieder einmal vor, den lokalen Buchhandel zu unterstützen. Aber jedes Mal, wenn ich dann in einem Buchhandel bin, weiß ich, warum es mit uns nichts wird: Die Bücher, die mich interessieren, gibt es nicht vor Ort. Und die Bücher, die es vor Ort gibt, lösen bei mir Fluchtreflexe aus (ich sage nur: Geschenkbände, modernes Antiquariat und Non-Books). Kurz: Ich kaufe meine Bücher nicht online, weil mir das so viel Spaß macht, sondern weil mir die Buchhandlungen so wenig Spaß machen.
Vielleicht hat es der Buchhandel einfach nur Jahre lang versäumt, das eigene Geschäftsmodell umzubauen und Argumente zu finden, warum Menschen ihre wertvolle Zeit damit verbringen sollten, dorthin zu fahren, sich durch die Regale zu wühlen, in der Schlange zu stehen und dann wieder nach Hause zu fahren. Vielleicht sollten sich die Buchhändler einmal unser Slow-Media-Manifest mit ins Bett nehmen. Sie dürften zur Zeit sowieso keinen ruhigen Schlaf haben.
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